Früher war Souveränität für mich so etwas wie ein Gütesiegel.
Ich war überzeugt: Ich bin souverän. Und in vielem war ich das auch:
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Ich konnte gut mit schwierigen Situationen umgehen
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Ich bin (fast) immer irgendwie klargekommen – beruflich wie privat
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Ich war präsent, empathisch, ruhig – zumindest nach außen
Was ich lange nicht gesehen habe:
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Dass hinter diesem souverän wirkenden Verhalten auch ein inneres Müssen steckte
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Ein unbewusster Anspruch:
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Stark sein
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Alles im Griff haben
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Nicht zweifeln
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Funktionieren
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Dass das Ganze oft sehr anstrengend war
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Und wie sehr ich mich dadurch – trotz äußerlicher Nähe – innerlich von anderen getrennt habe
Ein Schlüsselmoment war ein Frauenseminar, in dem ich selbst Teilnehmerin war.
Eine Teilnehmerin sagte zu mir:
„Ich habe irgendwie Angst vor dir – du wirkst immer so stark.“
Das hat mich tief getroffen. Ich war ehrlich entsetzt.
Denn ich fühlte mich verbunden und nahbar – und bemühte mich gleichzeitig, stark, souverän und empathisch zu wirken.
Was ich nicht gesehen hatte:
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Dass meine Stärke zur Rüstung geworden war
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Und dass ich damit echte Nähe verhindert habe
Noch etwas wurde mir bewusst:
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Auch wenn ich für viele als souverän galt, fühlte ich mich in Begegnungen mit sehr willensstarken Persönlichkeiten – den „Alphatieren“ – oft nicht genug
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Ich wollte gesehen werden. Respektiert werden
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Ich habe – oft unbewusst – dafür gekämpft
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Und bin innerlich immer wieder daran gescheitert
Heute:
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Kämpfe ich (meist) nicht mehr um Anerkennung und Souveränität
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Muss ich niemandem mehr gefallen
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Muss ich niemand anderer mehr sein
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Weil ich gelernt habe, mich selbst zu respektieren – mit allem, was ich bin
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Nicht perfekt. Aber präsent
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Nicht unantastbar. Aber klar
Kennst du solche Momente, in denen du dachtest, du seist souverän – und später gemerkt hast, dass es eher ein inneres Müssen war?
Wenn du auf deine Idee von Souveränität zurückblickst:
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Was davon hat dir wirklich gedient?
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Und was war eher eine Rolle?
Ich freue mich auf deine Gedanken.